Gefahrenabwehrverordnung Gefährliche
Hunde vom 30.06.00
Aufgrund des § 1 Abs. 1 und der
§§ 27 und 38 Nr. 1 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (POG) in
der Fassung vom 10. November 1993 (GVBl. S. 595), zuletzt geändert durch Artikel
3 des Gesetzes vom 9. November 1999 (GVBl. S. 407), BS 2012-1, wird von dem Ministerium
des Innern und für Sport und aufgrund des § 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 des Heilberufsgesetzes
vom 20. Oktober 1978 (GVBl. S. 649; 1979 S. 22), zuletzt geändert durch Artikel
65 des Gesetzes vom 12. Oktober 1999 (GVBl. S. 325), BS 2122-1, wird hinsichtlich des
§ 3 Abs. 3 Satz 1 und des § 11 Abs. 1 auch von dem Ministerium für Umwelt
und Forsten im Benehmen mit der Landestierärztekammer Rheinland-Pfalz
für das Land Rheinland-Pfalz verordnet:
§ 1
Gefährliche Hunde
(1) Als gefährliche Hunde im Sinne
dieser Verordnung gelten:
1. Hunde, die sich als bissig erwiesen haben,
2. Hunde, die durch ihr Verhalten gezeigt haben, dass sie Wild oder Vieh hetzen oder
reißen,
3. Hunde, die in aggressiver oder Gefahr drohender Weise Menschen angesprungen haben,
und
4. Hunde, die eine über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft,
Angriffslust, Schärfe oder andere in ihrer Wirkung vergleichbare Eigenschaft entwickelt
haben.
(2) Hunde der Rassen Pit Bull Terrier, American Staffordshire Terrier und Staffordshire
Bullterrier sowie Hunde, die von einer dieser Rassen abstammen, sind gefährliche
Hunde im Sinne des Absatzes 1.
§ 2
Zucht- und Handelsverbot, Unfruchtbarmachung
(1) Die Zucht, die Vermehrung und der
Handel mit gefährlichen Hunden sind verboten.
(2) Die örtliche Ordnungsbehörde soll die Unfruchtbarmachung eines gefährlichen
Hundes anordnen, wenn die Gefahr der Heranbildung gefährlicher Nachkommen besteht.
(3) Hunde dürfen nicht durch Zuchtauswahl, Ausbildung oder Haltung zu gefährlichen
Hunden herangebildet werden.
§ 3
Haltung gefährlicher Hunde
(1) Wer einen gefährlichen Hund
halten will, bedarf der Erlaubnis der örtlichen Ordnungsbehörde. Die Erlaubnis
wird nur erteilt, wenn
1. ein berechtigtes Interesse an der Haltung eines gefährlichen Hundes besteht,
2. die antragstellende Person die zur Haltung eines gefährlichen Hundes erforderliche
Sachkunde besitzt und das 18. Lebensjahr vollendet hat und
3. keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die antragstellende Person die zur
Haltung eines gefährlichen Hundes erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt.
(2) Ein berechtigtes Interesse an der Haltung eines gefährlichen Hundes kann insbesondere
vorliegen, wenn diese der Bewachung eines gefährdeten Besitztums dient.
(3) Der Nachweis der zur Haltung eines gefährlichen Hundes erforderlichen Sachkunde
wird durch die Bescheinigung einer von der Landestierärztekammer Rheinland-Pfalz
benannten sachverständigen Person oder Stelle über eine nach den Prüfungsstandards
der Landestierärztekammer Rheinland-Pfalz erfolgreich abgelegte Sachkundeprüfung
erbracht. Er gilt für die Halterin oder den Halter nur in Verbindung mit dem Hund,
mit dem die Sachkundeprüfung abgelegt worden ist, und nur für einen Zeitraum
von fünf Jahren.
(4) Die zur Haltung eines gefährlichen Hundes erforderliche Zuverlässigkeit
besitzt in der Regel nicht, wer
1. wegen der vorsätzlichen Begehung einer Straftat oder mindestens zweimal wegen
einer im Zustand der Trunkenheit begangenen Straftat rechtskräftig verurteilt
worden ist, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf
Jahre noch nicht verstrichen sind,
2. trunksüchtig, rauschmittelsüchtig, geisteskrank oder geistesschwach ist
oder
3. wiederholt gegen Bestimmungen in Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 5, § 2 Abs. 1
oder 3, § 4 oder § 5 verstoßen hat.
Zum Nachweis der Zuverlässigkeit kann die Vorlage eines Führungszeugnisses
verlangt werden.
(5) Gefährliche Hunde sind so zu halten, dass Menschen, Tiere und Sachen nicht
gefährdet werden. Sie sind insbesondere in sicherem Gewahrsam zu halten.
§ 4
Kennzeichnungs- und Mitteilungspflichten
(1) Gefährliche Hunde sind durch
einen elektronisch lesbaren Chip dauerhaft und unverwechselbar so zu kennzeichnen,
dass ihre Identität und Gefährlichkeit festgestellt werden kann. Die Kennzeichnung
hat durch eine praktizierende Tierärztin oder einen praktizierenden Tierarzt zu
erfolgen. Die Halterin oder der Halter des gefährlichen Hundes hat der örtlichen
Ordnungsbehörde die Kennzeichnung des gefährlichen Hundes durch eine Bescheinigung
der Tierärztin oder des Tierarztes, die oder der die Kennzeichnung vorgenommen
hat, nachzuweisen. In der Bescheinigung sind die auf dem Chip gespeicherten Daten anzugeben.
(2) Wer als Halterin oder Halter einen gefährlichen Hund einer anderen Person
länger als vier Wochen zur Obhut überlässt, hat unter Angabe des Namens
und der Anschrift dieser Person den dortigen Verbleib des Hundes unverzüglich
der für den Wohnsitz der Halterin oder des Halters zuständigen örtlichen
Ordnungsbehörde mitzuteilen. Der gefährliche Hund darf nur einer Person zur
Obhut überlassen werden, die das 18. Lebensjahr vollendet hat und die erforderliche
Zuverlässigkeit besitzt; § 3 Abs. 4 gilt entsprechend. Die örtliche
Ordnungsbehörde kann die Überlassung untersagen, wenn Tatsachen die Annahme
rechtfertigen, dass dadurch eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht.
(3) Das Abhandenkommen eines gefährlichen Hundes ist von der Halterin oder dem
Halter unverzüglich der örtlichen Ordnungsbehörde mitzuteilen.
§ 5
Führen gefährlicher Hunde
(1) Außerhalb des befriedeten
Besitztums sowie bei Mehrfamilienhäusern auf Zuwegen, in Treppenhäusern und
Fluren sowie in sonstigen, von der Hausgemeinschaft gemeinsam genutzten Räumen
darf einen gefährlichen Hund nur führen, wer das 18. Lebensjahr vollendet
hat, körperlich in der Lage ist, den Hund sicher zu führen, und die zur Führung
eines gefährlichen Hundes erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. § 3
Abs. 4 gilt entsprechend.
(2) Es ist unzulässig, einen gefährlichen Hund außerhalb des befriedeten
Besitztums sowie bei Mehrfamilienhäusern auf Zuwegen, in Treppenhäusern und
Fluren sowie in sonstigen, von der Hausgemeinschaft gemeinsam genutzten Räumen
von einer Person führen zu lassen, die nicht die Voraussetzungen des Absatzes
1 erfüllt.
(3) Eine Person darf nicht gleichzeitig mehrere gefährliche Hunde führen.
(4) Außerhalb des befriedeten Besitztums sowie bei Mehrfamilienhäusern auf
Zuwegen, in Treppenhäusern und Fluren sowie in sonstigen, von der Hausgemeinschaft
gemeinsam genutzten Räumen sind gefährliche Hunde anzuleinen und haben einen
das Beißen verhindernden Maulkorb zu tragen.
(5) Die örtliche Ordnungsbehörde kann Ausnahmen vom Maulkorbzwang nach Absatz
4 zulassen, wenn im Einzelfall eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit
nicht zu befürchten ist.
§ 6
Ordnungswidrigkeiten
(1) Ordnungswidrig im Sinne des §
37 Abs. 1 POG handelt, wer unerlaubt vorsätzlich oder fahrlässig
1. entgegen § 2 Abs. 1 eine Zucht oder einen Handel mit gefährlichen Hunden
betreibt oder eine Vermehrung nicht verhindert,
2. entgegen § 2 Abs. 3 einen Hund durch Zuchtauswahl, Ausbildung oder Haltung
zu einem gefährlichen Hund heranbildet,
3. entgegen § 3 Abs. 1 Satz 1 einen gefährlichen Hund ohne die erforderliche
Erlaubnis hält,
4. entgegen § 3 Abs. 5 einen gefährlichen Hund nicht so hält, dass Menschen,
Tiere und Sachen nicht gefährdet werden,
5. entgegen § 4 Abs. 1 Satz 3 als Halterin oder Halter die Kennzeichnung eines
gefährlichen Hundes nicht nachweist,
6. entgegen § 4 Abs. 2 Satz 1 als Halterin oder Halter den Verbleib des gefährlichen
Hundes nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig mitteilt,
7. entgegen § 4 Abs. 2 Satz 2 als Halterin oder Halter einen gefährlichen
Hund einer anderen Person zur Obhut überlässt, die noch nicht 18 Jahre alt
ist oder nicht die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt,
8. entgegen § 4 Abs. 3 als Halterin oder Halter das Abhandenkommen des gefährlichen
Hun-des nicht oder nicht rechtzeitig mitteilt,
9. entgegen § 5 Abs. 1 einen gefährlichen Hund führt, obwohl er noch
nicht 18 Jahre alt oder dazu körperlich nicht in der Lage ist oder nicht die zur
Führung eines gefährlichen Hundes erforderliche Zuverlässigkeit besitzt,
10. entgegen § 5 Abs. 2 einen gefährlichen Hund von einer Person führen
lässt, die noch nicht 18 Jahre alt oder dazu körperlich nicht in der Lage
ist oder nicht die zur Führung eines gefährlichen Hundes erforderliche Zuverlässigkeit
besitzt,
11. entgegen § 5 Abs. 3 mehrere gefährliche Hunde gleichzeitig führt
oder
12. entgegen § 5 Abs. 4 einen gefährlichen Hund nicht anleint oder ohne einen
das Beißen verhindernden Maulkorb führt.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Deutsche
Mark geahndet werden.
(3) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über
Ordnungswidrigkeiten ist die örtliche Ordnungsbehörde.
§ 7
Widerruf der Erlaubnis, Zwangsmittel
(1) Die Erlaubnis nach § 3 Abs.
1 kann von der örtlichen Ordnungsbehörde jederzeit widerrufen werden, wenn
die Voraussetzungen für ihre Erteilung wegfallen.
(2) Die örtliche Ordnungsbehörde hat bei fortdauernden Verstößen
gegen diese Verordnung Zwangsmittel anzuwenden.
§ 8
Ausnahmen
Diensthunde des Bundes, des Landes
und der kommunalen Gebietskörperschaften, Herdengebrauchshunde und Jagdhunde dürfen
abweichend von § 2 Abs. 3 mit dem Ziel einer gesteigerten Aggressivität und
Gefährlichkeit gegenüber Menschen und Tieren ausgebildet werden, soweit dies
für die jeweilige Zweckbestimmung erforderlich ist. Für Herdengebrauchshunde
und Jagdhunde gilt abweichend von § 3 Abs. 3 auch eine Bescheinigung über
eine bestandene Jägerprüfung als Sachkundenachweis; § 5 Abs. 3 und 4
gilt für diese Hunde nicht, soweit sie im Rahmen ihrer jeweiligen Zweckbestimmung
eingesetzt werden. Die §§ 3 bis 5 finden auf Diensthunde des Bundes, des
Landes und der kommunalen Gebietskörperschaften keine Anwendung.
§ 9
Sonstige Vorschriften über das Halten und Führen von Hunden
Gefahrenabwehrverordnungen und sonstige
allgemein verbindliche Vorschriften der allgemeinen Ordnungsbehörden über
das Halten und Führen von Hunden, insbesondere im Hinblick auf Anleingebote bleiben
unberührt, soweit sie nicht gefährliche Hunde betreffen.
§ 10
Übergangsbestimmungen
(1) Abweichend von § 2 Abs. 1
sind die Zucht und der Handel mit dem bei In-Kraft-Treten dieser Verordnung vorhandenen
Bestand an gefährlichen Hunden zulässig, wenn dieser Bestand binnen zwei
Monaten nach In-Kraft-Treten dieser Verordnung der örtlichen Ordnungsbehörde
angezeigt und ihr die Kontrolle ermöglicht wird.
(2) Personen, die beim In-Kraft-Treten dieser Verordnung einen gefährlichen Hund
halten, bedürfen abweichend von § 3 Abs. 1 Satz 1 keiner Erlaubnis, wenn
sie der örtlichen Ordnungsbehörde binnen zwei Monaten nach In-Kraft-Treten
dieser Verordnung unter Angabe ihrer Personalien die Haltung, die Rasse und das Alter
schriftlich anzeigen. In den Fällen des Satzes 1 kann die örtliche Ordnungsbehörde
die Haltung untersagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Halterin
oder der Halter die zur Haltung eines gefährlichen Hundes erforderliche Zuverlässigkeit
nicht besitzt, oder wenn nicht binnen vier Monaten nach In-Kraft-Treten dieser Verordnung
die zur Haltung eines gefährlichen Hundes erforderliche Sachkunde gemäß
§ 3 Abs. 3 nachgewiesen wird.
(3) Personen, die beim In-Kraft-Treten dieser Verordnung einen gefährlichen Hund
halten, haben diesen binnen zwei Monaten nach In-Kraft-Treten dieser Verordnung gemäß
§ 4 Abs. 1 kennzeichnen zu lassen und dies unverzüglich der örtlichen
Ordnungsbehörde nachzuweisen.
§ 11
In-Kraft-Treten
(1) Diese Verordnung tritt am Tage
nach der Verkündung in Kraft.
(2) Gleichzeitig tritt die Gefahrenabwehrverordnung Gefährliche Hunde
vom 13. September 1996 (GVBl. S. 364, BS 2012-1-10) außer Kraft.
Mainz, den 30. Juni 2000
Der Minister des Innern und für Sport
Walter Zuber
Die Ministerin für Umwelt
und Forsten
Klaudia Martini
Ansprechpartner:
Pressesprecher Eric Schaefer
Ministerium des Innern und für Sport
Schillerplatz 3-5
55116 Mainz
Tel.: 06131/163220
Fax.: 06131/163720
eMail: Eric.Schaefer@ism.rlp.de
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